Der Baby Blues

"Genieße die ersten Wochen mit deinem Baby, kuschel dich ganz viel auf die Couch und habt eine wunderschöne Kennenlernzeit"..alle die selbst Kinder haben, kennen diesen Satz auch oder? 
Als schwangere Frau gehen einem oft gewisse Gedanken durch den Kopf... "Wie wird das Leben sein? Wird sich nun wirklich alles ändern und werde ich mein Baby von Anfang an bedingungslos lieben?"
Es werden nun bestimmt einige den Kopf schütteln, schockiert sein, mich als irre abstempeln und mich auf Lebzeiten blockieren.
Aber heute möchte ich mal ein paar Gedanken mit euch teilen, die mir schon seit Lilis Geburt durch den Kopf gehen und mich - ja man kann es auch wirklich so sagen - etwas belasten. 
Am 18.8.2016, als Lilia ihren ersten "Halloschrei" von sich gegeben hat, war es sofort klar, von diesem Zeitpunkt an gab es für mich nur mehr Lili, Lili, Lili,... 
Alles hat sich nur mehr darum gedreht, die Bedürfnisse dieses kleinen, wunderschönen Mädchen zu stillen. (im wahrsten Sinne des Wortes)
Man lernt sich kennen, man versucht mit einander klarzukommen und vor allem hat mich ein bestimmtes Gefühl komplett überrollt,.... absolute Angst. 
Jetzt fragen sich bestimmt viele von euch: "Vor was bitte Angst?"

Ich muss vorweg nehmen, bis zum Zeitpunkt als ich Mutter geworden bin, hatte ich wirklich keine Erfahrung mit Babys und Kindern. Für fremde Babys habe ich mich sowieso nie wirklich interessiert und den einzigen Kontakt hatte ich mit meinen Neffen, die ich alle paar Wochen vielleicht mal für ein ein bis zwei Stunden gesehen habe. 

Nun gut, was das nun bedeutet? Ich wusste nicht einmal wie ich dieses kleine zarte Persönchen namens Lilia überhaupt angreifen, wickeln und umlegen soll, ohne irgendetwas falsch zu machen. 
Heutzutage muss ich wirklich darüber lachen, wenn ich mich daran erinnere, dass ich meinen Mann darum gebeten habe, er soll doch bitte die Hebamme holen, damit sie uns zeigt, wie man unser Baby von A nach B trägt. 

Wisst ihr, ich hatte eine wunderschöne Geburt. Meine Hebamme und auch mein Gynäkologe waren einfach perfekt und ich zähle den Tag von Lilias Geburt als einer der schönsten Tage in meinem Leben. 
Die postpartale Zeit war nur in unserem Fall leider alles andere als schön. 
Eine Kombination von Unsicherheit und Angst, einem zarten Baby das unstillbaren Hunger hatte und einem sehr späten Milcheinschuß meinerseits, machte unser Wochenbett leider nicht zu dem was es eigentlich sein sollte, nämlich eine Zeit in der man sich glücklich und zufrieden an seinem immer schlafenden Baby nie satt sehen kann. 
Noch dazu kamen der Progesteronabfall, offene Brustwarzen, Milchstau und zuletzt auch noch das lästige Babybauchweh von dem sicher viele ein Lied davon singen können. 
Lili hat von Anfang an 100% Körper- und zum Teil auch ständigen Brustkontakt gebraucht und ich habe ihr das natürlich auch gegeben. Nur wisst ihr, ich war einfach ziemlich oft sehr verzweifelt und traurig.
Nach ein paar Wochen habe ich mich regelrecht eingesperrt gefühlt. Ich habe Tag und Nacht dauergestillt und noch dazu kamen diese abendlichen Schreiattacken .. rückblickend kommt mir heute noch eine Gänsehaut, wenn ich an diese Zeit zurück denke. 
Lili war einfach durchwegs unzufrieden. Kinderwagen blöd, Maxicosi blöd, Schlafen blöd, wo ablegen absolut blöd, ... die Liste würde sich bestimmt noch um einiges erweitern.
Viele fragen sich jetzt bestimmt "Aber wie habt ihr es dann geschafft ständig spazieren zu gehen, MIT Kinderwagen". Nunja das hat so funktioniert: Kind praktisch ins Milchkoma gestillt und anschließend vorsichtig in den Kinderwagen gelegt. Falls das nicht geklappt hat, Kind in die Trage gepackt, so lange gegangen bis sie eingeschlafen ist und anschließend in den Kinderwagen umgelegt. (Ja damals wussten wir dann auch schon WIE wir das Butzi umlegen können :) ) 
Ich hatte eine tolle Nachsorge durch meine Hebamme und ich weiß heute noch als sie mir gesagt hat "Sandra, ein Anfängerbaby ist sie nicht, der Froschvogel hat es drauf, ein kleiner Dickkopf der genau weiß was sie will. Die erste Zeit wird hart, aber glaube mir es wird irgendwann belohnt". 
Ich habe mir sehr oft gedacht, das Leben ist im Moment so anstrengend, ich vermisse meine Zeit als kinderlose Hundemama so sehr. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass es jemals einfach werden würde. 
Wirklich zugetraut mit meinem Kind in die Öffentlichkeit zu gehen, habe ich mir kaum. Ich musste damals sogar die Hochzeit einer meiner engsten Studienkolleginen in Salzburg absagen, weil ich es mir nicht vorstellen konnte eine Autofahrt oder gar eine Veranstaltung mit dem kleinen 4 Wochen alten Minizuckerkipfal zu bewältigen. 
Ich denke heute, dass ich mir in vielen Dingen einfach nur selbst im Weg gestanden bin. Ich war feig und hatte ständig Angst, dass Lilis Brüllen irgendjemanden stören könnte und ich sie nicht beruhigen kann. Rückblickend totaler Schwachsinn! Lili war so ein "milkaddict" ich konnte sie einfach immer und überall nur durch Stillen beruhigen. Und was andere Leute denken, sind wir mal ehrlich,... umso länger man Mama ist, desto mehr ist es einem absolut egal was andere Menschen über einem denken..

Ja so war das bei uns die ersten Wochen, überfordert, ängstlich, verzweifelt und irgendwann kam dann ganz plötzlich die Wende. Irgendwann war es von heute auf morgen einfach leichter. Wir sind zusammengewachsen, wir haben uns kennengelernt. Ich wusste schneller was zu tun war, was Lili wollte und konnte dadurch besser auf ihre Bedürfnisse eingehen. 
Irgendwann war der Zeitpunkt gekommen, dass ich dieses kleine Mädchen angesehen habe und mir dachte " Jetzt ist es perfekt, obwohl du immer noch ein schlafloses grumpy Kipfi bist, du bist perfekt, perfekt für uns" 

Bedingungslose Liebe von Anfang an? Meine Antwort dazu: JA! Natürlich, man liebt sein Kind von Geburt an. 
Dennoch muss auch die Liebe zu seinem Kind mit der Zeit wachsen. Sie verändert sich und in meinem Fall ist sie etwas komplett anderes als noch zu Lilias Geburt. 
Anfänglich ist man einfach nur darauf konzentriert Bedürfnisse zu stillen. Mit der Zeit entsteht eine tiefe Verbindung, eine tiefe Liebe, eine Liebe die fast schon weh tut wenn man daran denkt. Lilia ist für mich der mit Abstand wichtigste Mensch in meinem Leben. 
Und bevor jetzt wieder alle schimpfen "Was ist mit deinem Mann". Ich bin mir absolut sicher, dass das gleiche auch für meinen Mann gilt! 
Die Liebe zwischen Mann und Frau ist absolut nicht zu vergleichen. 
Meine Omi hat immer gesagt" ohne seinen Partner WILL man nicht leben, ohne sein Kind KANN und WILL man nicht leben"  (die theatralische Ur-uromi passt zum Minizuckerkipfal :) ) 

Traurig bin ich nun darüber, dass unsere Anfangszeit nicht so wunderschön und komplikationslos war wie es so viele andere Mütter beschreiben. 
Ich habe das Gefühl, dass ich die ersten Wochen einfach nicht so genießen konnte und dementsprechend kommt es mir vor, vielleicht etwas verpasst zu haben! 
Die Zeit zurückdrehen kann ich nicht, aber gelernt habe ich, dass ich Lili in vielen Dingen einfach nur so nehme wie sie ist. Will sie nicht schlafen . ok... , will sie nicht im Auto sitzen .. ok, macht sie Drama weil sie einen zweiten Teletubbie haben will, ok... ich gehe auf ihre Bedürfnisse ein und stresse mich einfach weniger. 
Ich denke, nicht nur die Liebe , sondern auch die Mutterrolle selbst wächst mit der Zeit. Man wird cooler, gelassener und man fängt an zu genießen.....






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